Der Einsatz von Freelancern hat seit einigen Jahren stark zugenommen. Das ist den teilweise fundamentalen Veränderungen auf den Arbeitsmärkten geschuldet, zu einem großen Teil aber auch den zunehmend durch mobile Konzepte motivierten Lebensentwürfen bei den Young Professionals. Der Trend, Fachkräfte zeitlich begrenzt für bestimmte Projekte einzusetzen, hat zunächst im Bereich von Life Sciences und Naturwissenschaften Einzug gehalten. Zunehmend setzt sich das Freelancertum aber auch in anderen Berufsgruppen durch. Eines der interessantesten Einsatzgebiete stellt dabei die Finanzbranche dar, und hier insbesondere Banken.

Für Auftraggeber und Freelancer eine Win-Win-Situation

Die neue Generation der Arbeitsnomaden hat andere Prioritäten als die Generation vor ihr. Kam es den Eltern noch auf eine stabile und konstante Biographie mit möglichst wenigen Veränderungen im beruflichen Werdegang an, setzen die gut ausgebildeten Fachkräfte der neuen Generation vor allem auf die Flexibilität und persönliche Freiheit von Freelancer-Jobs. Das Angestelltenverhältnis stellt für viele Karrierewillige mit hoher Expertise ein viel zu enges Korsett auf ihrem Weg nach oben dar. Sie setzen auf projektbezogene Arbeitsverhältnisse auf Zeit, denen neue Herausforderungen und neue Chancen an anderer Stelle folgen. Für die Auftraggeber sind das optimale Voraussetzungen.

Banken lösen mit Freelancern mehrere Probleme gleichzeitig

Einige Unternehmen greifen auf die Hilfe von Freelancer zurück, um ihr Personal kurzfristig an individuelle Situationen anzupassen. Das verschafft ihnen in vielen Fällen mehr Flexibilität. Es kann jedoch auch weniger Planungssicherheit bedeuten. Wir haben dieses Geschäftsmodell unter die Lupe genommen und den Nutzen für die Firmen untersucht.

Ein Problem teilen sich Banken mit vielen anderen Branchen: den eklatanten Fachkräftemangel. Neben den üblichen Lösungsmodellen wie die Rekrutierung im Ausland kann die Öffnung hin zu alternativen Beschäftigungsmodellen schnelle Hilfe bringen: Viele der ersehnten Fachkräfte sind bereits vorhanden – sie wollen nur nicht in den klassischen Strukturen herkömmlicher Berufslaufbahnen aktiv werden.

Weitere Vorteile

Mit der Einbindung von Freelancern erwerben die Institute nicht einfach nur Arbeitskraft hinzu, denn auf der Basis der projektbezogenen Arbeitsweise waren die Fachkräfte häufig bereits bei anderen Kunden tätig. Das bedeutet, verkürzte Projektanlaufphasen, verkürzte Einarbeitung von bereits geschultem Personal. Häufig handelt es sich um erfahrene Teams, bestehend aus Consultants, Bankmitarbeitern, Ökonomen oder IT-Experten, die bereichsübergreifend individuelle Best Practice-Lösungen anbieten.

In vielen Fällen stehen dem verstärkten Einsatz von Freelancern in Banken Berührungsängste der Institute entgegen. Dabei sind die Vorteile auf den ersten Blick ersichtlich: Beim projektbezogenen Einsatz von Fachkräften kommt es zu einem Abbau der Personalkosten zugunsten der Sachkosten, was sich unmittelbar auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Zudem unterliegen Freelancer keinen Sozialleistungen und den zugehörigen Regularien, denn sie arbeiten auf eigene Rechnung. Es gibt keine gesetzlichen Kündigungsfristen, keine Lohnfortzahlung bei Urlaub, Krankheit oder Schwangerschaft, keine Arbeitgeberanteile auf die Honorare, weder bei der Krankenkasse noch bei der Sozialversicherung.

Leistungsbezogene Honorierung

Mit einem Wort: Die Honorierung von Freelancern erfolgt streng leistungsbezogen. Interessanterweise ist das nicht zum Nachteil der Beschäftigten. Sie wählen diese Form der Beschäftigung im vollen Bewusstsein aller Chancen und Risiken. An erster Stelle steht für sie die Selbstbestimmung bei der Lebensgestaltung – von der Wahl der Tätigkeit, dem Projektstandort bis hin zur selbst verantworteten Altersversorgung.

Ein weiterer Vorteil für Banken beim Einsatz von Freelancern ist die Geschwindigkeit. Für zeitkritische Projekte eine Fachkraft im Angestelltenverhältnis zu finden, ist in der Regel mit monatelangen Wartezeiten verbunden, die mit den Kündigungsfristen beim aktuellen Unternehmen des neuen Mitarbeiters zusammenhängen. Zudem muss regelmäßig mit einer längeren Einarbeitungsphase kalkuliert werden, um den Mitarbeiter aufzugleisen. Freelancer unterliegen gewöhnlich kürzeren, an die jeweiligen Projekte angepassten Zeitfenstern. Daher stehen sie für aktuelle Projekte meist erheblich früher zur Verfügung.

Doch regulatorische Auflagen verhindern vielfach, dass Freelancer im erforderlichen Umfang temporär eingesetzt werden können, um beispielsweise Rückstände aufzuarbeiten. Hier steht einer vernünftigen Lösung ein Arbeitsrecht im Weg, dass an den Bedingungen des vorletzten Jahrhunderts ausgerichtet ist – Stichwort: Scheinselbstständigkeit. Zeitgemäße gesetzliche und sozialpolitische Aktualisierungen wären hier mehr als angebracht.

Fazit:

Für Banken ist der Einsatz von Freelancern ein „Rundum-sorglos-Paket“ unter den Beschäftigungsmodellen. Neben der überschaubaren Kostensituation spricht vor allem die Unabhängigkeit von sozialen Leistungsverpflichtungen, die flexible Anpassung an projektbezogene Anforderungen und die schnelle Verfügbarkeit der Experten zum genau richtigen Zeitpunkt dafür. Temporäre Auslastungsspitzen können überbrückt werden, ohne die Zeitarbeitskonten der eigenen Mitarbeiter anschwellen zu lassen oder Neueinstellungen zu forcieren.

Management Consultant, Bankingexperte @ schnekenbühl consulting