Schwerpunkt: Prozessmanagement

Kunde: Fintech, Online-Kreditmarktplatz

1. AUSGANGSSITUATION

Der Kunde ist ein Online-Kreditmarktplatz, der Kreditprodukte an mittelständische Unternehmen und Selbstständige vertreibt. Das Unternehmen plante die Einführung einer Kreditlinie. Diese stellt den Geschäftskunden kurzfristig Liquidität zur Verfügung, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Außerdem soll die Kreditlinie den Betriebsmittelkreislauf von Unternehmen, Gewerbetreibenden und Einzelunternehmern finanzieren. Insbesondere wenn sich Forderungen verzögern, oder Waren und Materialien vorfinanziert werden müssen, überbrückt die Betriebsmittellösung bei Bedarf die entstehende Liquiditätslücke.

Da es sich bei der Kreditlinie um ein neues Produkt handelte, musste ein „Neuproduktprozess“ (NPP) durchlaufen werden. Er zielt darauf ab, die inhärenten Risiken zu bewerten, bevor sie in die operativen Prozesse integriert werden. Die regulatorischen Anforderungen dazu sind in den „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begründet. Zudem musste eine Selbstbewertung von Risiken und Kontrollen (RCSA) vorgenommen werden, bei der die operationellen Risiken und die Wirksamkeit der Kontrollen bewertet und geprüft werden. Außerdem musste ein globaler Produktgenehmigungsprozess (PARP) durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Konzernstandards eingehalten werden.

Bei der Entwicklung des Kreditprodukts galt es, die Kluft zwischen dem bankseitigen NPP und dem Konzept des Minimum Viable Product (MVP) der agilen Entwicklung zu überwinden. Während der NPP mit dem Ziel der Risikominimierung forderte, Funktionen, Datennutzung oder Technologie schon frühzeitig genau zu formulieren, gab es vom MVP anfangs nur eine grob skizzierte Idee. Der Kunde löste diese Diskrepanz, indem das Projektteam die bankrelevanten Geschäftsprozesse frühzeitig sehr detailliert beschrieb. Gleichzeitig wurden regulatorisch weniger relevante, jedoch mit hohem Kundennutzen verbundene Features anfangs lediglich abgeschätzt und später im Reifeprozess konkretisiert.

Ziel der Beauftragung

Das Ziel der Beauftragung war, alle Geschäftsprozesse für das zukünftige Kreditprodukt aus den Use-Cases abzuleiten, zu visualisieren und zu dokumentieren. Gemeinsam mit internen Know-how-Trägern aus verschiedenen Funktionsbereichen und Hierarchiestufen wurden an den Use-Cases gearbeitet und die Prozesse nach BPMN 2.0 modelliert. Hierfür wurde die Software Signavio genutzt.

Das Projekt wurde agil umgesetzt. Die Arbeit fand in einem crossfunktionalen Team statt, wobei diverse Fachabteilungen eingebunden wurden, u.a. Produktmanagement, Marketing, Vertrieb, Risk, Compliance, IT. Zur technischen Unterstützung wurde Jira als Kollaborationsplattform zur Verwaltung von Aufgaben und To-Dos genutzt. Confluence wurde für die Dokumentation und Veröffentlichung von Arbeitsständen und Ergebnissen zum Wissensaustausch eingesetzt, und in der visuellen Zusammenarbeit wurde mit Miro Board gearbeitet.

2. VORGEHEN IM PROJEKT

Die Vorgehensweise im Projekt mit dem Online-Kreditmarktplatz erfolgte in drei Phasen, welche von nachfolgend aufgeführten Aufgaben und Themen geprägt waren:

Erster Schritt

Im ersten Projektschritt wurden die bereitgestellten Dokumente zu den Produktspezifikationen und bereits vorhandenen Use-Cases analysiert und nach Prozesskomplexen geclustert. Daraus wurde jeweils ein erster Prozessentwurf entwickelt, wobei organisatorische Strukturen wie Abläufe, Schnittstellen, Kommunikationswege und IT-Unterstützung erfasst wurden. Zudem fanden die Definition und Abstimmung der Zielstruktur bei einzelnen Dokumenten und die Festlegung eines einheitlichen Layouts (Branding) statt. Hilfreich waren in der Entwicklung bereits existierende Prozesse und Best-Practice-Erfahrungen aus einem früheren NPP. Dabei konnten existierende Prozesse identifiziert und weiterentwickelt und anschließend dokumentiert werden.

Zweiter Schritt

In der zweiten Phase wurde in intensiver Zusammenarbeit mit internen wie externen Know-how-Trägern an den Use-Cases gearbeitet, diese verfeinert und sämtliche Prozesse im Lebenszyklus eines Kredites End-to-End (E2E) erfasst. Neben den Abläufen, die es dem Interessenten ermöglichen, Kunde zu werden und ein Darlehen zu erhalten, wurden auch Prozesse im In-Life-Management (bspw. Rückführung der Kreditlinie, Restrukturierung, Inkasso, Customer Service) visualisiert und dokumentiert. Zudem wurden mögliche Prozessrisiken und risikomitigierende Maßnahmen erfasst. Außerdem wurde in Erfahrung gebracht, welche Schritte in Prozessen bereits automatisiert sind und welche noch manuell erfolgen.

Dritter Schritt

In der dritten Phase wurden die zuvor erarbeiteten Prozesse finalisiert. Die am Prozess beteiligten Experten führten die Qualitätssicherung der Prozesse durch. Durch den Prozessverantwortlichen fand die finale Abnahme statt.

3. PROJEKTERGEBNISSE

Die Visualisierung und Dokumentation der Onboarding- und der In-Life-Management-Prozesse schaffen die notwendigen Voraussetzungen für den NPP. Es können zudem Unstimmigkeiten, Abstimmungsschleifen, Doppelarbeit und Zuständigkeitskonflikte erkannt werden. Damit wurde der Grundstein für eine höhere Geschäftsprozesseffizienz der Abläufe beim Online-Kreditmarktplatz gelegt.

4. NUTZEN/MEHRWERT

Sascha Schnekenbühl ist Freelancer, Consultant und betreibt das Partnernetzwerk schnekenbühl consultant. Als spezialisierte Beratungsboutique ist schnekenbühl consulting ausschließlich im Bankensektor tätig: im Retail Banking, im Asset Management und im regulatorischen Bereich für Kunden in der DACH-Region. Wir arbeiten mit Banken und Finanzdienstleister sowie mit Fintech-Unternehmen zusammen.

Wir sind Ihr „Wegbegleiter“ und unterstützen Sie in der Prozessanalyse, Prozessmodellierung und der Dokumentation sowie bei der Optimierung Ihrer Prozesse.

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